Anna Netrebko in der Rolle der Adriana Lecouvreur, beim Schlussapplaus nach der Premiere der Oper «Adriana Lecouvreur» im Rahmen der Salzburger Festspiele. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Barbara Gindl/APA/dpa)

Als Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine haben die renommierte New Yorker Metropolitan Opera (Met) und Star-Sopranistin Anna Netrebko ihre Zusammenarbeit vorerst auf Eis gelegt.

Das Opernhaus habe Netrebko aufgefordert, ihre öffentliche Unterstützung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zurückzuziehen. Dies habe die 50-jährige Russin aber nicht getan, teilte die Oper am Donnerstag mit.

Daraufhin habe Netrebko sich von geplanten Auftritten zurückgezogen – darunter von ihrer Rolle in «Turandot» im April und Mai sowie im «Don Carlos» in der kommenden Saison. Den Part in «Turandot» soll die ukrainische Sopranistin Liudmyla Monastyrska übernehmen.

«Es ist ein großer künstlerischer Verlust für die Met und für die Oper insgesamt», sagte Peter Gelb, Direktor des renommierten Opernhauses. «Anna ist eine der großartigsten Sängerinnen in der Geschichte des Opernhauses, aber wenn Putin unschuldige Opfer in der Ukraine umbringt, gibt es keinen anderen Weg.»

Zuvor hatte die Met bereits angekündigt, vorerst nicht mehr mit Künstlern oder Institutionen zusammenarbeiten zu wollen, die Putin unterstützen. Konkrete Künstler oder künstlerische Einrichtungen waren zunächst nicht genannt worden.

Auch andere Opernhäuser hatten in den vergangenen Tagen bereits Auftritte von Netrebko abgesagt, darunter das Opernhaus Zürich. «Es ist nicht die richtige Zeit für mich aufzutreten und zu musizieren», wurde Netrebko zitiert. «Ich habe deswegen entschieden, mich bis auf weiteres von Auftritten zurückzuziehen.»

Auch bei einer «Turandot»-Produktion der Berliner Staatsoper Unter den Linden ist die Sängerin nicht mehr dabei. Wie das Opernhaus am Donnerstagabend weiter mitteilte, hatte es Netrebko zuvor aufgefordert, sich vom völkerrechtswidrigen Vorgehen der russischen Regierung in der Ukraine zu distanzieren.

«Wir schätzen Anna Netrebko als herausragende Sängerin und es verbindet uns eine langjährige, künstlerische Partnerschaft. Gleichzeitig sehen wir angesichts des brutalen Krieges keine Möglichkeit für eine Fortsetzung dieser Zusammenarbeit», teilte das Opernhaus mit.

«Ich bin keine politische Person»

Vor wenigen Tagen hatte sich Netrebko öffentlich gegen den Krieg ausgesprochen – allerdings nicht gegen Putin. «Ich bin eine Russin und liebe mein Land, aber ich habe viele Freunde in der Ukraine, und der Schmerz und das Leid brechen mir das Herz. Ich möchte, dass dieser Krieg aufhört und die Menschen in Frieden leben können. Das erhoffe ich mir und dafür bete ich», hatte Netrebko geschrieben – ihr Ehemann, der aserbaidschanische Tenor Yusif Eyvazov (44), hatte eine fast wortgleiche Erklärung veröffentlicht.

Netrebko und Eyvazov wandten sich zugleich dagegen, «Künstler oder irgendeine öffentliche Person zu zwingen, ihre politischen Ansichten öffentlich zu machen und ihr Vaterland zu beschimpfen». Dies sollte eine freie Entscheidung sein. «Ich bin keine politische Person», erklärte Netrebko. «Ich bin keine Expertin für Politik. Ich bin Künstlerin und mein Ziel ist es, über politische Unterschiede hinweg zu vereinen.»

Im vergangenen Jahr hatte die Sopranistin, die auch in Wien lebt, mit einer großen Gala im Kreml in Moskau ihren 50. Geburtstag gefeiert. Am Dienstag ließ sie über ihren Veranstalter mitteilen, dass sie bis auf Weiteres nicht auftreten werde.

Auch der russische Dirigent Waleri Gergijew hat seit der russischen Invasion in die Ukraine reihenweise Engagements verloren. Unter anderem hatten sich die Münchner Philharmoniker wegen seiner Freundschaft zu Putin von ihm getrennt. Der Russe hatte zuvor ein Ultimatum verstreichen lassen, sich klar vom Angriffskrieg auf die Ukraine zu distanzieren. Auch das Festspielhaus Baden-Baden beendete die Zusammenarbeit.

«Mir ist bei dieser Diskussion ein bisschen zu viel Häme oft im Spiel», kommentierte sein Dirigenten-Kollege Christian Thielemann. Gergijew sei ein großartiger Dirigent. «Ich kenne ihn auch persönlich recht gut. Wir haben nie über Politik gesprochen. Aber ich muss sagen, ich bewundere ihn sehr.» Gergijew sei einer der Kollegen, bei denen er gern ins Konzert gehe.

Auch zu Netrebko habe er ein sehr gutes Verhältnis. Die Entwicklung tue ihm sehr leid, sagte Thielemann, weil die künstlerischen Leistungen von Netrebko und Gergijew unglaublich gut seien. Wenn man diese nicht mehr hören könne, sei das sehr schade: «Mir fehlt bei dieser Diskussion ein bisschen der menschliche Aspekt.»