Eigentümer Guido Arends wehrte sich gegen die Aufnahme seines Hauses in die Denkmalliste. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Eine Villa des in die NS-Diktatur verstrickten Architekten Emil Fahrenkamp (1885-1966) darf laut Gerichtsurteil als Denkmal geschützt werden. Das Denkmalrecht sehe keinen Ausschluss aus politisch-moralischen Gründen vor, teilte das Düsseldorfer Verwaltungsgericht am Donnerstag mit.

Fahrenkamp hatte die 1957 erbaute Villa in Ratingen-Hösel (Nordrhein-Westfalen) für einen Industrie-Manager entworfen. Der heutige Eigentümer der Villa hatte gegen die Aufnahme des Hauses in die Denkmalliste geklagt. Fahrenkamp sei denkmalunwürdig, das Haus ein Alltagsbau. Er konnte einen kleinen Teilerfolg erzielen: Im Gegensatz zu Villa und Garten seien der Swimmingpool und das Gartenhaus nicht schützenswert, befand das Gericht (Az.: 28 K 823/18).

Architekt Fahrenkamp hatte den Bau der Hermann-Göring-Meisterschule in der Eifel geleitet und war von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels mit dem Innenausbau von Schloss Rheydt und dem Bau der Filmstadt Babelsberg beauftragt worden.

1937 plante Fahrenkamp die Düsseldorfer Ausstellung «Schaffendes Volk». Im gleichen Jahr machten ihn die Nazis zum Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie. Auch Entwürfe für einen Adolf-Hitler-Platz in Solingen und ein NS-Ehrenmal für «Blutzeugen der Bewegung» in Essen stehen auf seiner Schaffensliste.

Fahrenkamps berühmtestes Bauwerk entstand allerdings vor der NS-Diktatur während der Weimarer Republik in den frühen 1930er Jahren in Berlin: Das Shell-Haus am Landwehrkanal gilt auch heute noch als internationales Meisterwerk der Moderne und der Neuen Sachlichkeit. Weil es Adolf Hitler nicht gefiel, soll sich Fahrenkamp später davon distanziert haben. Nach dem Krieg trat er als Akademiedirektor zurück und verlor unter den Alliierten auch seine Professur. Entnazifiziert wurde er 1948 trotzdem.

In der Nachkriegszeit entwarf der Architekt viel für großbürgerliche Bauherren der Industrie. So entstand auch die Villa in Ratingen auf dem fast 8000 Quadratmeter großen Grundstück. Mit dem Denkmalschutz für das «Landhaus Schulz» will die Stadt Ratingen das großbürgerliche Wohnen der Nachkriegsmoderne für die Nachwelt sichern – zum Entsetzen des Eigentümers.

«Wir sind der Meinung, dass der Denkmalschutz auch eine historisch-moralische Komponente hat», sagte Rechtsanwalt Gerd-Ulrich Kapteina, der den Eigentümer vertritt. «Hier wird ein Nachkriegsbau des Bauherren von Goebbels und Göring zum kulturellen Erbe erhoben. Woanders werden belastete Straßennamen umbenannt – in Ratingen wird die «alte Garde» auf diese Weise geehrt», kritisierte Kapteina und verweist auf ein Gutachten, das der Höseler Villa «typische NS-Wohnkultur» bescheinige. Das Haus sei auch kein Mahnmal.

Doch das Gericht führte an, dass der Denkmalschutz nicht nur Positives für die Nachwelt erhalten soll. So sei schließlich auch ein Grenzhäuschen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze unter Schutz gestellt worden.

Die Kläger verwiesen vergeblich darauf, dass in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Änderungen am Haus vorgenommen wurden und der Originalzustand von 1957 ohnehin nicht mehr vorhanden sei. Nun steht die Villa samt ihrer in die Jahre gekommenen Inneneinrichtung unter Schutz. Der Streit um das Domizil ist mit dem Urteilsspruch vom Donnerstag aber nicht beendet: «Wir gehen definitiv in Berufung. Für mich ist das wirklich nicht hinnehmbar», sagte Eigentümer Guido Arens.

Von Martin Höke und Frank Christiansen, dpa