Die Ouvertüre lässt keine Fragen offen. Als Moderator Daniel Hartwich (42) die neue RTL-«Dschungelshow» eröffnet, wird schnell klar, dass er sich nicht in einem sattgrünen Urwald befindet – sondern im mausgrauen Umland von Köln.
Eingeblendet werden ausgesprochen scheußliche Landschaftsbilder: Ein wackelndes «Schnitzel-Haus»-Schild, ein qualmendes Industriegebiet. Dazu sagt der Moderator bedeutungsschwanger: «Zwischen Chemiepark, Wurstfabrik und zerbrochenen Träumen entsteht hier die härteste Show der Welt.»
Weil das Dschungelcamp in Australien in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie ausfällt, läuft die RTL-«Dschungelshow» als Ersatz-Format – produziert in Hürth bei Köln. Das lockte 4,18 Millionen vor den Bildschirm, das entsprach einem Marktanteil von 18,5 Prozent. Und gleich zum Start machte die Show deutlich, dass sie sich in der Tradition ihrer Vorlage sieht: Sie ist schonungslos in ihrem Spott, auch gegen sich selbst. In der Dramaturgie wirkt ebenfalls Einiges vertraut.
Das wurde deutlich bei der ersten Prüfung, zu der Model Zoe Saip (21, «Germany’s next Topmodel») und die beiden Reality-Darsteller Frank Fussbroich (52, «Die Fussbroichs») und Mike Heiter (28, «Love Island») antraten. Wer das Dschungelcamp kennt, weiß: In den ersten Folgen wird immer viel gelitten und geflucht. Model Zoe füllte diesen Job auf famose Weise aus – obwohl sie angab, «den Dschungel» nie gesehen zu haben. Sie schrie wie in einem Horror-Film.
«Gott, steh‘ mir bei, oh Jesus!», flehte die 21-Jährige, als es galt, in einem volllaufenden Tank mehrere Schlüssel durch ein Labyrinth an die Wasseroberfläche zu befördern. Das Problem: Im Wasser schwammen auch Tiere, etwa Schlangen. Zoe kommentierte deren Anwesenheit auf ohrenbetäubende Weise. Kandidat Mike trug auch nicht zur Beruhigung bei. «Guck mal, was für ein Apparillo!», sagte er beim Anblick eines der Tiere. Kollege Frank kommentierte dagegen trocken in Richtung Zoe: «Alte, was kannst du schreien.» Er sei nun «fix und fertig».
Nach der Prüfung weinte das Model, das keine Sterne gewann, bitterlich. Zuvor hatte Zoe schon mit Aussagen über ihre Ernährung irritiert («Ich ernähre mich zu 70 Prozent vegan»). In einer ersten Abstimmung unter den Zuschauern landete die 21-Jährige dann auf dem letzten Platz. Es führte der immer gut frisierte Mike, der die Show nutzte, um seiner neuen Freundin Laura eine Liebeserklärung zu machen: «Das ist schon die Frau, die ich heiraten will.»
Tatsächlich waren in der Show etwas ungewohnt zunächst nur drei Kandidaten zu sehen. Statt sich auf Pritschen um ein Camp-Lagerfeuer zu scharen, wurden sie in Hürth in ein winziges Haus ohne Privatsphäre gepfercht, in dem sie mehrere Tage leben müssen. Hartwich umschrieb die Größe der Hütte so: «Wir haben einfach das Dschungelklo genommen und da das ganze Camp reingebaut.»
Nach und nach aber soll das Personal getauscht werden – es ziehen jeweils Dreier-Gruppen aus dem insgesamt zwölfköpfigen Teilnehmerfeld ein. Je zwei aus jeder Gruppe qualifizieren sich über Zuschauer-Stimmen für ein Halbfinale. Der Sieger am Ende bekommt einen Platz im nächsten regulären Dschungelcamp 2022 in Australien.
Die Beteiligten machen dabei keinen Hehl daraus, dass die Prominenz der Kandidaten eher zweifelhaft ist. «Ich kenne keinen Einzigen von den Gurken», fasste die ehemalige Dschungelkönigin Melanie Müller zusammen, die als Talk-Gast im Studio war. Entsprechend motiviert gaben sich allerdings die Bewohner im «Tiny House». Frank Fussbroich etwa kündigte an, er würde für einen Platz im Urwald «töten».
Ein Teil der Show befasst sich auch mit Rückblicken. In der ersten Folge ging es um die achte Staffel aus dem Jahr 2014. Sehr bewusst ignoriert wurde in den eingespielten Filmen das damalige Mitwirken von Schlagersänger Michael Wendler, den RTL mittlerweile nach mehreren Eklats aus dem Programm verbannt hat.