Der israelische Autor Tomer Gardi bedankt sich für den Preis der Leipziger Buchmesse. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa)

Der Gewinner des Belletristik-Preises der Leipziger Buchmesse 2022 kann einen Superlativ für sich verbuchen.

Zum ersten Mal in der fast 20-jährigen Geschichte des Preises hat mit «Eine runde Sache» von Tomer Gardi ein Buch gewonnen, das zumindest zu einem Teil zuerst auf Hebräisch geschrieben und dann ins Deutsche übersetzt wurde. «Eine runde Sache» sei ein Feuerwerk der Einbildungskraft. Das Buch spiele ebenso kunstvoll wie dreist mit den Lesegewohnheiten und Erwartungen an einen Roman, begründete die Jury am Donnerstag in Leipzig ihre Wahl.

Gardis Buch galt Fachleuten als Überraschung auf der Nominierten-Liste. «Eine runde Sache» besteht aus zwei Teilen: einer skurrilen Odyssee in einer Kunstsprache, «Broken German», durch den deutschen Sprachdschungel, und der auf Hebräisch geschriebenen und ins Deutsche übersetzten Lebensgeschichte eines Malers aus Java, der im 19. Jahrhundert die Welt bereist.

Der Gewinner-Titel wirft auch schon ein Schlaglicht auf die Leipziger Buchmesse 2023. Er ist im österreichischen Droschl-Verlag erschienen – und Österreich wird im nächsten Jahr Gastland der Buchmesse sein. Das Nachbarland will sich unter dem Motto «mea ois wia mia» als offenes Land präsentieren, wie die künstlerische Leiterin des Programms, Katja Gasser, am Donnerstag sagte. Auch der Siegertitel des Vorjahres, «Echos Kammern» von Iris Hanika, stammte aus dem Hause Droschl.

Neben dem 1974 in Isreal geborenen Gardi waren in der Belletristik-Sparte Katerina Poladjan («Zukunftsmusik»), Dietmar Dath («Gentzen oder: Betrunken aufräumen. Kalkülroman»), Heike Geißler («Die Woche») und Emine Sevgi Özdamar («Ein von Schatten begrenzter Raum») nominiert.

Auszeichnungen auch für Uljana Wolf und Anne Weber

In der Kategorie Sachbuch/Essayistik gewann Uljana Wolf mit dem Buch «Etymologischer Gossip: Essays und Reden». Wolf setzt sich darin mit Sprache, Ethik und Poetik auseinander. Ihr Buch hätte in allen drei Kategorien nominiert werden können, es sei ein Sachbuch über das Übersetzen von Lyrik, urteilte die Jury.

Bei den Übersetzerinnen und Übersetzern wurde Anne Weber geehrt. Sie übersetzte aus dem Französischen «Nevermore» von Cécile Wajsbrot. Webers Sprachkunst sei besonders gefordert gewesen, weil der Roman von einer Autorin erzähle, die an einer Übersetzung ins Französische arbeitet, so die Jury. Es sei eine Metaübersetzung, die zwischen drei Sprachen trianguliere.

Alle Sieger erhalten jeweils 15.000 Euro Preisgeld. Für jede Nominierung gibt es zudem 1000 Euro. Die Preise wurden trotz der erneuten Absage der Leipziger Buchmesse wegen der Corona-Pandemie live in der Glashalle der Leipziger Messe vergeben.

Auch wenn die Messe abgesagt ist, steht Leipzig ein Wochenende mit reichlich Literatur bevor. Zahlreiche Verlage und Autoren wollten sich mit dem erneuten Ausfall nicht abfinden und haben auf eigene Faust Festivals und Lesungen organisiert. Auch das als Gastland geplante Portugal lädt zu verschiedenen Veranstaltungen ein. «Es gibt keine Messe, aber es gibt ein „Leipzig liest trotzdem“», sagte Buchmesse-Direktor Oliver Zille.

Am Freitag beginnt ein Buchmesse Pop Up, eine von Verlegern organisierte Mini-Messe mit Lesungsprogramm. Ein zweites Festival heißt «weiter:lesen» und wurde ebenfalls von Kulturschaffenden spontan organisiert. Erwartet werden Autorinnen und Autoren wie Bov Bjerg, Fatma Aydemir, Teresa Präauer oder Alexander Osang. Zudem gibt es mehrere Diskussionsrunden zum Ukraine-Krieg.