Jeff Beck beim Louisiana Jazz and Heritage Festival im Jahr 2011. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Gerald Herbert/AP/dpa)

Wäre es nach seiner Mutter gegangen, hätte Geoffrey Arnold Beck wohl Klavier gespielt. Doch der Junge war so fasziniert von den amerikanischen Rock-n‘-Roll- und Blues-Legenden, dass er sich eine Gitarre aus Zigarrenkisten baute – und sich durchsetzte. Zum Glück, kann man sagen. Denn Jeff Beck wurde zum Virtuosen an der Gitarre, er galt als einer der einflussreichsten Musiker seines Fachs. Freund und Led-Zeppelin-Gitarrist Jimmy Page nannte ihn einen «sechssaitigen Krieger». Nun ist Jeff Beck tot. Er sei im Alter von 78 Jahren plötzlich an bakterieller Meningitis gestorben, teilte seine Familie am Mittwochabend mit.

Die Trauer in der Musikszene ist enorm. Zahlreiche Stars würdigten Beck als einen der Größten der Geschichte. «Er war unnachahmlich, unersetzlich – der absolute Gipfel des Gitarrenspiels», schrieb Queen-Gitarrist Brian May. «Niemand hat Gitarre gespielt wie Jeff», twitterte Kiss-Bassist Gene Simmons. Die BBC lobte: «Sein Ton, seine Präsenz und vor allem seine Lautstärke haben die Gitarrenmusik in den 1960er Jahren neu definiert und Bewegungen wie Heavy Metal, Jazz-Rock und sogar Punk beeinflusst.»

Geboren am 24. Juni 1944 im südlichen Londoner Vorort Wallington, setzte er früh seinen Kopf durch. «Ich nehme an, sie dachten, «Wenn er die Gitarre hat, geht er wenigstens nicht raus, um zu stehlen»», sagte Beck einst der Musikzeitschrift «Rolling Stone» über seine Eltern. «Die einzigen Freunde, die ich hatte, waren ziemlich zwielichtig.» Seine erste Gitarre baute er 1956 – wegen Elvis Presley. «Alles, was man über Popmusik hörte, war Gitarre.» Das ließ ihn nicht mehr los.

Beck spielte mit verschiedenen Bands in und um London, bis ihn Jimmy Page 1965 den Yardbirds als Nachfolger ihres Gitarristen Eric Clapton empfahl. War Clapton ein Purist, galt Beck als Saiten-Zauberer, der bisher ungehörte Sounds mit Fingerfertigkeit, technischen Tricks und Raffinessen erzeugte. Avantgarde- und experimentelle Klänge hatten es ihm angetan – «ich machte die seltsamsten Geräusche, die ich konnte», sagte er später. «Darum geht es doch, oder?» Regeln seien ihm egal. «Wenn ich nicht in jedem Song mindestens zehn Mal die Regeln breche, habe ich meinen Job nicht anständig erledigt.» Gleich die erste Single der Yardbirds mit Beck, «Heart Full Of Soul», war ein Top-Ten-Hit in den USA und Großbritannien.

Becks Name ist aber nicht mit einer Band fest verbunden wie etwa der von Pete Townshend mit The Who oder Keith Richards mit den Rolling Stones, er war aber auch kein strahlender Solist wie Jimi Hendrix. «Stattdessen war er der ultimative wandernde Gitarrengott», betonte die Zeitung «Times».

Zunächst prägte Beck die unverwechselbaren Riffs der bekanntesten Yardbirds-Hits «Over Under Sideways Down» und «Shapes of Things». 1966 stieß Page als zweiter Leadgitarrist dazu und übernahm, als sich Beck während einer US-Tour mit der Band überwarf. Es war die erste einer Reihe von unberechenbaren Entscheidungen, die dazu führten, dass er trotz musikalischer Brillanz nie zum Megastar aufstieg.

Rod Stewart: «Danke für alles!»

Danach gründete er die Jeff Beck Group mit dem damals noch unbekannten Sänger Rod Stewart und dem späteren Rolling-Stones-Gitarristen Ronnie Wood. Die Band blieb nur kurz zusammen. Mit Stewart und Wood musizierte Beck aber immer wieder. «Jeff Beck war von einem anderen Stern», schrieb Stewart nun bei Twitter. «Er war einer der wenigen Gitarristen, der mir bei Liveauftritten tatsächlich beim Singen zugehört und dann geantwortet hat. Jeff, du warst der Größte, Mann. Danke für alles!»

Später arbeitete Beck in unterschiedlichen Formationen mit Mick Jagger, Roger Waters, Brian May, Paul Rodgers und Stevie Wonder zusammen sowie mit Tina Turner an ihrem «Private Dancer»-Album. Zu Becks bekanntesten und erfolgreichsten Werken gehört sein zweites Soloalbum «Blow By Blow» von 1975. Es enthält mehrere von Stevie Wonder geschriebene Songs, darunter die Gänsehaut-Ballade «Cause We’ve Ended As Lovers».

Noch im Sommer veröffentlichte Beck gemeinsam mit Hollywood-Star Johnny Depp ein Album und spielte anschließend eine Tournee. Dabei spielte er sich virtuos durch die unterschiedlichsten Musikstile von Heavy Blues über Pop bis Rock, Funk, Trance und natürlich Jazz. Nur eines blieb: Er erfand den Sound immer wieder neu. Zweimal wurde er in die «Rock & Roll Hall of Fame» aufgenommen, 1992 für seine Leistungen mit den Yardbirds und 2009 als Solist. Zudem erhielt er acht Grammys.

Beck habe «einen starken Einfluss auf mich und viele andere» gehabt, twitterte Ex-Genesis-Gitarrist Steve Hackett. «Er ließ die E-Gitarre singen.» Rolling-Stones-Frontman Mick Jagger bezeichnete Beck als «einen der großartigsten Gitarristen der Welt». Sänger Paul Young würdigte Beck als «Gitarrist der Gitarristen». Aerosmith-Gitarrist Joe Perry betonte: «Jeff Beck war der Salvador Dali der Gitarre. Ihn spielen zu sehen, war, den ultimativen sechssaitigen Alchemisten zu hören, der Magie in einer eigenen Welt erschafft.» Tony Iommi von Black Sabbath lobte Beck als «außergewöhnliche Ikone, genialen Gitarristen». Es werde nie wieder einen Musiker wie ihn geben.

Von Benedikt von Imhoff, dpa