Klaus Schulze ist tot. Der Elektronik-Pionier starb im Alter von 74 Jahren. (Urheber/Quelle/Verbreiter: SPV Recordings/dpa)

Sein Markenzeichen waren sphärische, meditative Klangteppiche, die zum Science-Fiction-Kopfkino oder auch nur zum ausgiebigen Starren in die Lava-Lampe einluden.

Bis zuletzt arbeitete der deutsche Elektronik-Pionier Klaus Schulze an solchen ausufernd-hypnotischen Kompositionen mit Titeln wie «Osiris» oder «Der Hauch des Lebens», die eigentlich keinen Anfang und kein Ende hatten und gerade deshalb so faszinierten.

Wenige Wochen vor der Veröffentlichung eines neuen Albums ist Schulze nach rund 50-jähriger Karriere mit 74 Jahren gestorben. Der Tod des international enorm einflussreichen Musikers am Dienstagabend kam «nach langer Krankheit, aber dennoch plötzlich und unerwartet», wie sein Sohn Maximilian Schulze und Frank Uhle, Manager der Plattenfirma SPV, am Mittwoch mitteilten. Schulze sei ein «Überzeugungstäter» und «Ausnahmekönner» gewesen. SPV habe seit vielen Jahren mit ihm zusammengearbeitet, das neue Album «Deus Arrakis» war für den 10. Juni angekündigt. «Umso heftiger trifft uns diese Nachricht», sagte Uhle.

Wenn Kraftwerk, Can und NEU! die wichtigsten Bands des zunächst spöttisch betitelten «Krautrocks» waren, dann war Klaus Schulze wohl dessen bedeutendster Solomusiker. «Der Berliner Elektro-Einzelkämpfer entlockte den damals hochkomplexen Moog-Synthesizern schon Anfang der siebziger Jahre sphärische Klänge. Ein Pionier des Ambient», schrieb kürzlich der «Rolling Stone» in einer Würdigung des Elektro-Genres.

Mitbegründer der «Berliner Schule»

Schulze wurde zunächst bekannt als Schlagzeuger der Band Tangerine Dream um Edgar Froese, die Mitte der 1970er Jahre unter anderem David Bowie begeisterte, und als Mitglied von Ash Ra Tempel. Er war Mitbegründer der avantgardistischen «Berliner Schule» mit ihren repetitiven und geräuschhaften Soundstrukturen weit jenseits der normalen Popmusik. In seinen Keyboard- und Synthesizer-Burgen trat Schulze live auf, widmete sich aber auch gern der Filmmusik.

Damit beeinflusste der gebürtige Berliner «maßgeblich sämtliche Stilrichtungen, die aus der Elektronischen Musik hervorgegangen sind», von Ambient bis Techno, wie sein Label betonte. «Viele der großen internationalen DJs nennen ihn liebevoll ihren «Godfather of Techno».» Vom Solo-Debüt «Irrlicht» (1972) über die Schlüsselwerke «Timewind» (1975) und «Mirage» (1977) bis zu neueren Alben mit der Sängerin Lisa Gerrard und dem aktuellen «Deus Arrakis» spannt sich ein Bogen von rund 50 Schulze-Platten.

Schulze produzierte Ideal

Im Jahr 1978 gründete er das Musiklabel Innovative Communication und produzierte unter anderem die Neue-Deutsche-Welle-Hitband Ideal, in die 80er Jahre fiel eine Koproduktion mit der Popgruppe Alphaville. Die einmalige «Schulze-Atmosphäre» übertrug sich auch auf seine Produktionen unter dem Pseudonym Richard Wahnfried, auf Soundtrack-Arbeiten und Kollaborationen mit Künstlern wie Arthur Brown, Michael Shrieve oder Hans Zimmer.

«Klaus Schulzes Musik war nie relevanter als jetzt», lobte Oscar-Gewinner Zimmer («Dune») im Dezember vorigen Jahres. «Mehr denn je ist die Arbeit von Klaus die perfekte Balance zwischen Seele und Technologie. Elektronen als Botschafter von Romantik. Ein Meister…»

Schulze war verheiratet, hatte zwei erwachsene Söhne und vier Enkelkinder. Der Abschied soll im engsten Familienkreis erfolgen, hieß es am Mittwoch. Das habe er sich ausdrücklich so gewünscht – seine Musik sei wichtig, seine Person nicht. Über das neue 70-Minuten-Werk «Deus Arrakis» – aufgenommen wieder in Schulzes Studio in der Lüneburger Heide – sagte er selbst, es orientiere sich an Frank Herberts berühmtem «Dune»-Stoff und sei letztlich ein Salut «im weiteren Sinne an das große Geschenk des Lebens».

Von Werner Herpell und Thomas Strünkelnberg, dpa