Das Engels-Haus. Nach insgesamt rund fünf Jahren Sanierungspause öffnet die Stadt Wuppertal an diesem Samstag wieder das Engels-Haus, die zentrale Gedenkstätte für den in Wuppertal geborenen Philosophen und Sozialrevolutionär Friedrich Engels (1820-1895). (Urheber/Quelle/Verbreiter: Malte Krudewig/dpa)

Karl Marx kennt jeder. Fällt der Name des Revolutionärs, taucht vor dem inneren Auge sofort ein streng blickender Herr mit Vollbart auf. Aber Friedrich Engels?

Der kongeniale Partner und Förderer von Marx sei im öffentlichen Bewusstsein als Persönlichkeit zu wenig vorhanden, sagt der Leiter des Wuppertaler Engels-Hauses, Lars Bluma. Mit einer neuen Ausstellung im Haus, das nach fünf Jahren Sanierungspause an diesem Samstag wieder öffnet, will Bluma das ändern und die menschliche Seite von Engels zeigen.

Bekannt ist, dass der Wuppertaler Textilfabrikantensohn Engels (1820-1895) dank seines beträchtlichen Vermögens Marx über große Strecken in England finanziell über Wasser hielt. Seit einiger Zeit betont die Wissenschaft daneben, dass der Philosoph und lange aktive Unternehmer Engels am Werk von Marx auch inhaltlich einen größeren Anteil hat als lange gedacht. Dabei sei Engels aber – je nach politischer Perspektive – lange verherrlicht oder verteufelt und als sturer Revolutionsdogmatiker dargestellt worden, sagt Bluma.

Engels war wichtiger Spin-Doktor

Diesen Mythos wolle die Ausstellung widerlegen: Engels sei nicht nur sportlich, trinkfest und kommunikativ gewesen, sondern auch einer der wichtigsten «Spin-Doktoren» der aufkommenden Sozialdemokratie in der Bismarck-Zeit, sagt Bluma. Möglicherweise sei Engels am Ende seines Lebens auch von der Revolution als alleinigem Ziel abgerückt, sagt der Museumschef. Das legten einige Zitate nahe, die aber in der Fachwelt heiß umstritten sind.

Die Ausstellung zeigt das Taufkleid von Engels, zur Verfügung gestellt von der Familie, aus unbekannten Gründen mit einer rosa Schleife. Sie zeigt Bilder der Eltern und Großeltern und dokumentiert mittels eines Steckbriefes im «Elberfelder Kreisblatt», dass der Revolutionär «fünf Fuß, sechs Zoll» groß war – ein Riese für damalige Verhältnisse. «Spricht sehr rasch und ist kurzsichtig», heißt es dort als besonderes Merkmal. Engels hatte im heutigen Wuppertaler Stadtteil Elberfeld während der Revolution von 1848/49 beim Bau von Barrikaden mitgemacht und musste fliehen.

Er ging nach Manchester, wo er 20 Jahre in einem Gemeinschaftsunternehmen der Engels mit einem englischen Textilhersteller arbeitete – ein Doppelleben als Kapitalist, der nebenbei mit Aktien ein Vermögen verdiente, und Sozialrevolutionär. Engels habe nach seinem späteren Umzug nach London bescheiden gewohnt. Nur wenn er repräsentieren musste, habe er eine Villa dazugemietet, sagt Bluma.

Bis früh morgens «redlich inweggekneipt»

Mit seinen Schriften trieb Engels dabei die Sozialdemokratie an – und lud nach Feierabend gern zum Feiern ein. Noch zu seinem 70. Geburtstag habe er mit Rotwein, Champagner und Austern bis morgens um halb vier «redlich hinweggekneipt», heißt es in einem in der Ausstellung dokumentierten Selbstzeugnis des Philosophen.

Wuppertals berühmtester Sohn Friedrich Engels starb 1895 an Kehlkopfkrebs. Seine Asche wurde über dem Meer verstreut. Zur Wiedereröffnung des Engels-Hauses für das Publikum plant die Stadt eine Kunstaktion: Die Front des historischen Fachwerkhauses wird mit einem 10 mal 16 Meter großen Banner verhüllt – darauf ist ein Mosaik aus Porträtfotos von 200 Wuppertalerinnen und Wuppertalern zu sehen, die vorab Glückwünsche zu Engels Geburtstag geschickt hatten.

Von Rolf Schraa, dpa