Frido Mann im Münchener Literaturhaus vor einem Bild seines Großvaters, dem Literaturnobelpreisträger Thomas Mann. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Peter Kneffel/dpa)

In der Corona-Pandemie, der Präsidentschaft Donald Trumps und der Flüchtlingskrise sieht der Schriftsteller und Psychologe Frido Mann drei Ursachen für erstarkte, antidemokratische Strömungen.

«In Zeiten des Umbruchs und der Unruhe vergrößert sich alles: Solidarität und Vernunft, aber auch die Dummheit», sagt der Enkel des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann. Mit seinem neuen Buch «Democracy will win – Bekenntnisse eines Weltbürgers», das Ende August erscheint, bringt er sich in den politischen Diskurs ein.

Der Dialog zwischen und in allen Alters- und Gesellschaftsschichten könne dazu beitragen, die demokratische Ordnung zu stützen – das fange bei Kita-Kindern an und schließe gerade auch sogenannte Wutbürger mit ein, findet Mann. Im Gespräch mit Letzteren beispielsweise könne man Populisten und deren Theorien entlarven und sie isolieren und die Demokratie-Skeptiker für die demokratische Idee zurückgewinnen.

Rund 80 Jahre ist es her, dass Thomas Mann von seinem amerikanischen Exil aus eindringlich und leidenschaftlich gegen den Faschismus in Europa eintrat und für die Erneuerung der Demokratie kämpfte. «Democracy will win», sagte der «Buddenbrook»-Autor 1938. In einer Ansprache in Washington 1943 befand er: «Es ist ein schreckliches Schauspiel, wenn das Irrationale populär wird.»

In einem Gastbeitrag für eine US-Zeitung 1941 schrieb Thomas Mann, nicht «America First», sondern «Democracy First» sei der Slogan, der Amerika auf den ersten Platz in der Welt führen werde. 75 Jahre später setzte Donald Trump in seinem Wahlkampf 2016 auf das Motto «America First».

Fast zeitgleich mit Trumps Wahl hatte die Bundesrepublik 2016 das frühere Wohnhaus von Thomas Mann in Pacific Palisades in Kalifornien gekauft und – auch vor dem Hintergrund atmosphärischer Spannungen zwischen Deutschland und den USA – darin 2018 eine transatlantische Begegnungsstätte errichtet.

Für Frido Mann waren der Kauf des Hauses und die US-Wahl die Auslöser, sich dem politischen Dialog zu widmen und während einer Vortragsreise das Gespräch mit Schülern und Studenten in Deutschland und den USA zu suchen. In Trump sieht Frido Mann die mächtigste Galionsfigur des Populismus‘ der vergangenen Jahre.

Das Thomas-Mann-Zitat «Democracy will win» wählte der 81-Jährige, der neben der deutschen und der amerikanischen auch die schweizerische und tschechische Staatsbürgerschaft hat, ganz bewusst als Titel für sein neues Buch, in dem er unter anderem den Blick auf nationalistische und antidemokratische Tendenzen in Europa und den USA richtet und aufzeigt, wie politischer Dialog gelingen kann.

Das Thema Dialog ziehe sich wie ein roter Faden durch sein Leben, sagt Mann. Geprägt habe ihn während seines Theologie-Studiums die Beschäftigung mit dem Werk des Religionsphilosophen Martin Buber. Später richtete er während seiner Tätigkeit als Psychologie-Professor den Fokus auf die Gesprächspsychotherapie.

Die Fähigkeit und die Bereitschaft der Menschen zum Dialog sieht er auch als Basis für den Erhalt der Demokratie. Schon in der Kita und in der Grundschule sollte Demokratieerziehung viel stärker gefördert werden, unter anderem indem Kinder lernen, Argumente auszutauschen und für ihr Mitspracherecht einzutreten.

Mit seinem politischen Engagement ist Frido Mann im Geiste seines Großvaters unterwegs, bei dem er viele Jahre seiner Kindheit und Jugend verbrachte, zunächst in Kalifornien, später in der Schweiz. Die Gespräche in der Familie hätten schon in jungen Jahren sein Interesse an Politik geweckt. Mann studierte zunächst Musik und machte einen Doktortitel in Theologie, ehe er in Psychologie promovierte und sich habilitierte. Der 81-Jährige lebt in München.

Mit dem politischen Denken Thomas Manns – vom Monarchisten hin zum Demokraten – befasst sich eine Ausstellung, die Ende Oktober im Auswärtigen Amt in Berlin eröffnet werden soll, wie Frido Mann berichtet. Der Titel der Schau lautet ebenfalls «Democracy will win».

Von Ute Wessels, dpa