Viola Eade (Daisy Ridley) und Todd Hewitt (Tom Holland) auf der Flucht. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Murray Close/Studiocanal/Lionsgate/dpa)

Die Verfilmung der «Chaos Walking»-Trilogie des britisch-amerikanischen Jugendbuch-Autors Patrick Ness hat lange auf sich warten lassen. Schon vor zehn Jahren hatte sich das Studio Lionsgate die Filmrechte an den populären Romanen gesichert, die man in Deutschland als «New World» kennt.

Rund vier Jahre nach dem Start der Dreharbeiten kommt das dystopische Science-Fiction-Abenteuer nun endlich in die Kinos. «Spider-Man» Tom Holland und «Star Wars»-Heldin Daisy Ridley spielen die Hauptrollen in dem Film von Regisseur Doug Liman («Die Bourne Identität»).

Die Gedanken sind zu hören

Das Jahr 2257: Die Zukunft auf einem fremden Planeten, der New World, sieht trist aus. In der menschlichen Kolonie Prentisstown gibt es nur Männer. Außerirdische namens Spackle, die genau genommen die Ureinwohner des Planeten sind, haben angeblich alle Frauen getötet und die Männer mit einem seltsamen Keim infiziert. Seitdem sind die Gedanken der Einwohner für alle anderen zu hören und mitunter auch zu sehen. Die Männer nennen das Lärm. Einige können ihn besser kontrollieren als andere.

«Die ursprüngliche Idee für den Lärm war der Informationsüberfluss», erzählt Patrick Ness, der bei der Verfilmung direkt involviert war. «Jeder fühlt sich genötigt, online so viel von seinem Leben preiszugeben. Was wäre, wenn wir keine Wahl hätten und alles teilen müssten?» Ness‘ Bücher und der Film gehen also einen Schritt weiter. Die Vorstellung, man könne nichts für sich behalten und müsse sämtliche Gedanken teilen, ist beängstigend – und für die Zuschauer von «Chaos Walking» eine ziemliche Zumutung.

Eine Frau taucht auf

Im Mittelpunkt der Handlung steht der sanftmütige Teenager Todd (Tom Holland), der seinen Lärm überhaupt nicht unter Kontrolle hat. «Sei ein Mann! Sei ein Mann!», redet er sich ständig ein. Das nervt nicht nur beim Zuschauen, es bringt den gutherzigen Jungen auch schwer in Bedrängnis. Der letzte Minderjährige unter all den Männern macht eines Tages nämlich eine überwältigende Entdeckung.

Nach der Bruchlandung eines Raumschiffs begegnet er erstmals in seinem Leben einer Frau (Daisy Ridley). Sie heißt Viola, und Todd kann ihre Gedanken nicht hören. Ungewollt verrät er dem ganzen Dorf von Viola und bringt sie in Gefahr. Denn die Männer um den zwielichtigen Bürgermeister (Bond-Bösewicht Mads Mikkelsen) haben finstere Pläne für die junge Frau, die sie als Bedrohung empfinden. Todd und Viola müssen aus Prentisstown fliehen.

Facetten von Männlichkeit

Für Viola-Darstellerin Ridley, die in dem Film nicht viel zu sagen hat und meistens erschrocken oder staunend durch die Gegend blickt, ist der Film auch ein Blick auf unterschiedliche Facetten der Männlichkeit. «Chaos Walking repräsentiert, wie schlimm das sein kann und wie gut es sein kann», sagt sie. «Der Bürgermeister kontrolliert die Bürger mit Lügen und ist schrecklich. Todd zeigt die bestmögliche Männlichkeit. Er stellt alles in Frage, was man ihm jemals gesagt hat, und ist offen, obwohl das schwer für ihn ist.»

Die Story von Jugendlichen, die in einer feindseligen Umgebung ums Überleben kämpfen, erinnert ein wenig an «Die Tribute von Panem – The Hunger Games». Atmosphärisch ist der Film ähnlich gelagert. In beiden Fällen war die Vorlage eine Jugendbuch-Reihe. «Chaos Walking» basiert überwiegend auf dem ersten Roman «New World: Die Flucht», enthält aber auch Elemente aus den beiden anderen Büchern der «Chaos Walking»-Trilogie. «Der Film ist ein Remix», sagt Patrick Ness.

Die Besetzung, zu der neben Holland, Ridley und der auf Schurken abonnierte Mikkelsen auch Cynthia Erivo und der furchteinflößend spielende David Oyelowo gehören, ist hochkarätig. Aber auszeichnen kann sich niemand, denn «Chaos Walking» verschenkt sein Potenzial. Der Film ist langatmig und öde. Ausgerechnet die originelle Grundidee ist ein weiteres Manko, denn als Zuschauer leidet man genauso unter dem ständigen Gedanken-Gebrabbel wie die Protagonisten. «Chaos Talking» hätte als Titel besser gepasst.

Von Philip Dethlefs, dpa