Melania Jakubiskova in einer Szene des Films «Fräulein Schmetterling» der DEFA, den das DDR-Regime vor erscheinen einstweilen verboten hat. (Urheber/Quelle/Verbreiter: E.Hartkopf/R. Rambow/DEFA-Stiftung/dpa)

Dass die Träume junger Frauen so manchem gefährlich erscheinen, hat sich schon oft gezeigt. Auch in der Geschichte der DEFA – der einstigen Filmgesellschaft der DDR – gibt es ein Beispiel.

Vor 75 Jahren wurde die Produktionsgesellschaft in Potsdam gegründet. Zum Jubiläum erscheint nun mit «Fräulein Schmetterling» ein Film, der einst verboten war.

Der Spielfilm beginnt mit einem kaputten weißen Regenschirm: Eine junge Frau teilt ihn in zwei Stücke – und schwebt damit plötzlich wie mit Flügeln durch den Berliner Himmel. Die Menschen gucken erstaunt. «Dit jibt’s ja jar nicht.» Der Film nach einem Drehbuch des bekannten Schriftsteller-Ehepaars Christa und Gerhard Wolf erzählt von den Hoffnungen zweier Schwestern – und ist zugleich ein Stück DDR-Geschichte.

Denn noch bevor der Spielfilm fertig war, wurde er verboten. Nach dem 11. Plenum des SED-Zentralkomitees 1965, dem ein Kultur-Kahlschlag in der DDR folgte, sei er hinterfragt und zu einem der schlimmsten Filme erklärt worden, sagt Stefanie Eckert von der der DEFA-Stiftung. «Wenn man sich den Film heutzutage anguckt, kann man sich das kaum vorstellen.» Es sei ein sehr schöner Film.

Millionen Menschen sind mit den DEFA-Filmen aufgewachsen. Dazu zählen der beliebte Märchenfilm «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel», der noch heute zur Weihnachtszeit wiederholt wird oder der Liebesfilm «Die Legende von Paul und Paula». Viele kennen Kinderfilme wie «Moritz in der Litfaßsäule», die Indianerfilme mit Gojko Mitić und Dramen wie «Jakob der Lügner» und «Solo Sunny».

Gegründet wurde die Filmgesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg – am 17. Mai 1946. Die sowjetische Besatzungsmacht erteilte damals den Gründern der Deutschen Film AG die Lizenz zur Filmproduktion. Später wird die SED-Führung die Filme auch nutzen, um das Filmwesen in eines ihrer Sprachrohre zu verwandeln.

Das Erbe der DEFA umfasst Hunderte Filme. In der DDR habe es eine zentrale Abgabepflicht gegeben, sagt Eckert, Vorstand der DEFA-Stiftung, die sich heute um das Erbe kümmert. Alle Materialien seien in Archive gegeben und gelagert worden. Deswegen sei der DEFA-Filmstoff nahezu komplett auf Filmrollen überliefert.

Die Stiftung hat noch einige Titel auf ihrer Liste, die sie fürs Kino oder Fernsehen aufarbeiten und digitalisieren will. Von rund 730 Spielfilmen sind bisher laut Stiftung etwa 260 so aufwendig digitalisiert worden. «Wir haben aber auch noch an die 2000 Dokumentarfilme und 900 Animationsfilme», sagte Eckert. Davon sind laut Stiftung ebenfalls rund 300 hochwertig digitalisiert.

Unter den Filmen, das erzählt nun der eine oder andere aus der Branche zum Jubiläum, seien natürlich nicht nur Meisterwerke. Regisseur Andreas Dresen sagte dem MDR, er habe sich die «Propagandaschinken», die auch entstanden seien, nicht reingezogen. Aber es habe sich sofort rumgesprochen, wenn es etwa einen interessanten Film gegeben habe, der gegen den Strich gewesen sei.

Wie manche Filmteams damals bangten, hat auch Schauspielerin Angelica Domröse in ihrer Biografie beschrieben. Als «Die Legende von Paul und Paula» in den 1970ern ins Kino kam, war das Team demnach angespannt. Würde der Film gleich wieder verschwinden?

Die politische Einmischung war 1965 besonders groß: Damals verbot die SED zwei Drittel der DEFA-Jahresproduktion. Das traf auch «Fräulein Schmetterling» von Regisseur Kurt Barthel, die Arbeiten am Film wurden laut Stiftung 1966 abgebrochen. Jahrzehnte später wurde der Film nun fertiggestellt.

Herausgekommen ist ein witziger und leichtfüßiger Film über die Frage, was man sich vom Leben erträumt. Helene Raupe (gespielt von Melania Jakubisková) kümmert sich nach dem Tod des Vaters um ihre kleine Schwester. Sie träumt von Pumps und einem Leben als Stewardess. Die Realität beschert ihr Kittel und Fischtheke. Der Film ist nun auf DVD erschienen und soll auch im Fernsehen laufen.

Bis heute sind mit der DEFA die Namen vieler bekannter Schauspielerinnen und Schauspieler verbunden. Winfried Glatzeder, Jutta Wachowiak und Jutta Hoffmann zum Beispiel. In der ARD-Mediathek sollen zum Jubiläum etliche Filme gezeigt werden, auch die Sendeanstalten RBB und MDR haben zum Beispiel Dokumentationen und Interviews zum DEFA-Jubiläum veröffentlicht.

Fragt man Stefanie Eckert, welche DEFA-Filme man unbedingt kennen sollte, hat sie mehrere Empfehlungen parat: Die Spielfilme «Sterne» von Konrad Wolf und «Karbid und Sauerampfer» von Frank Beyer, den Animationsfilm «Angst» von Günter Rätz sowie die Dokumentationen «Unsere Kinder» von Roland Steiner und «Winter Adé» von Helke Misselwitz. Sie schwärmt auch von den Kinderfilmen und rät auch, das YouTube-Portal der Stiftung mit kostenlosen Filmen zu besuchen.

Von Julia Kilian, dpa