Der französische Regisseur Bertrand Tavernier ist tot. Er ist im Alter von 79 Jahren gestorben. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Guillaume Horcajuelo/EPA/dpa)

In seinen Filmen interessierte er sich für Machtintrigen, Gewaltexzesse, ebenso wie für Liebesdramen und die Ärmsten der Welt: Bertrand Tavernier gehörte zu den vielfältigsten und anspruchsvollsten Regisseuren des französischen Kinos.

Im Alter von 79 Jahren ist der Filmemacher am Donnerstag gestorben, wie das Filminstitut Lumière mit Sitz in Lyon auf Twitter mitteilte, dessen Präsident der Filmemacher war. Tavernier wäre am 25. April 80 Jahre alt geworden

Dass er in keine Kategorie passte, hat ihm stets gefallen, wie er einst in einem Interview sagte. Denn er beleuchte Themen, Universen, Epochen und verschiedene Länder, um die Wahrheit zu erfassen, erklärte er.

Er sei ein nonkonformistischer und couragiert vielseitiger Autor, erklärte auch die Jury des Filmfests in Venedig, als sie Tavernier 2015 mit dem Goldenen Ehrenlöwen für sein Lebenswerk auszeichnete. Und als Mann mit vielen Interessen und Eigenschaften beschrieb ihn auch Jean-Luc Douin, sein Biograf. 

Krimis, Psychothriller, Historienfilme, Science-Fiction, Romanzen und Satire: Taverniers Werk ist weit gespannt. Seinen Durchbruch schaffte er 1974 gleich mit seinem ersten Spielfilm «Der Uhrmacher von St. Paul». Für das Drama, das die Geschichte eines jungen Paares erzählt, das einen Werkpolizisten erschossen hat, gewann er bei den Berliner Filmfestspielen einen Silbernen Bären.

Weitere Erfolgsfilme folgten wie das eindrucksvolle Psychodrama «Der Richter und der Mörder» mit Isabelle Huppert, der Science-Fiction-Krimi «Der gekaufte Tod» mit Romy Schneider und Harvey Keitel, das Jazz-Meisterwerk «Um Mitternacht» sowie «Der Lockvogel». Für diesen umstrittenen Film über die Gewaltbereitschaft der Jugend wurde er 1995 bei den Berliner Filmfestspielen mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.

Auch wenn der in Lyon geborene Regisseur keine Vorliebe für ein bestimmtes Genre hatte, sind seine Filme an ihrer komplexen Kamerabewegung, ihren unerwarteten Nahaufnahmen und ihrer Gesellschaftskritik zu erkennen. 

In den vergangenen Jahren hatte er sich immer mehr zum engagierten Filmer, Humanisten und diskreten Mahner entwickelt. «Ich will nicht die Welt verbessern, aber zeigen, wie sie ist und wie sie vielleicht sein könnte», sagte der Filmemacher. In «Es beginnt heute» (1999) lässt er die Ärmsten der Gesellschaft zu Wort kommen, für «De l’autre côté du périph» (1998) verbrachte er mehrere Monate in den Trabantenstädten von Paris.

Dabei ging es ihm nicht darum, Thesen aufzustellen oder Institutionen anzugreifen. «Ich interessiere mich für einfache Menschen, die ich mit all ihren Fehlern und Qualitäten dem Zuschauer näherzubringen versuche. Mich interessieren Leute, die kämpfen, die versuchen, die Dinge um sich herum zu bewegen und zu verändern», beschrieb er seine Filme.

Tavernier war früh schon ein Kinoliebhaber. Bereits als 14-Jähriger führte er genau Buch über seine Lieblingsfilme. Vor allem war der als warmherzig und gesellig bekannte Regisseur zuerst Fan amerikanischer Filme und Filmemacher. Western gehörten zu seinen bevorzugten Genres und Samuel Fuller («Die Hölle von Korea») zu seinen Lieblingsregisseuren. Erst später entdeckte er den französischen Film.

Zusammen mit Volker Schlöndorff hatte er das Lycée Henri IV in Paris besucht, das angesehenste Gymnasium in Frankreich. Er studierte zunächst Jura, bevor er über das Schreiben von Filmkritiken zur Regie fand. 

Von Sabine Glaubitz, dpa